Gleichnamigkeit bei Domainkonflikten

Verpflichtung zur Führung von Zusätzen im Domainnamen

Liegen in einem Konflikt zwischen dem Inhaber einer Marke oder eines Unternehmenskennzeichen und einem gleichnamigen Domaininhaber die Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr im Sinne des §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 MarkenG vor, ist dieser nicht nach dem Prioritätsprinzip zu lösen, sondern in entsprechender Anwendung der Grundsätze des gleichnamigenrechts davon auszugehen, dass es niemandem verwehrt ist, seinen bürgerlichen Namen als Domainname zu registrieren und zu benutzen. War der prioritätsjüngere Namensträger zur Verwendung seines Namens in Alleinstellung ohne unterscheidende Zusätze berechtigt, steht dem prioritätsälteren Kennzeicheninhaber aus § 15 Abs. 2 MarkenG aufgrund des Namensführungsrechts des Domaininhabers gegen die Registrierung seines Namens als Domainname durch einen Namensgleichen weder ein Anspruch auf Unterlassung noch ein Anspruch auf unterscheidende Zusätze zu. Ist ein Namensträger allerdings nach dem Recht der Gleichnamigen verpflichtet, seinen Namen im geschäftlichen Verkehr nur mit einem unterscheidenden Zusatz zu verwenden, muss er auch bei der Wahl des Domainnamens auf die Interessen des Prioritätsälteren Rücksicht nehmen und dabei alles Erforderliche und Geeignete tun, um die Verwechslungsgefahr auszuräumen. Dieser Pflicht zur Rücksichtnahme kann dadurch genügt werden, dass der Prioritätsjüngere seinem Namen in der Internet-Adresse einen unterscheidenden Zusatz beifügt, vgl. BGH, Urteil vom 11.4.2002 – I ZR 317/99 – vossius.de und BGH, Urteil vom 21.02.2002 – I ZR 230/99 – defacto.de.

Unterscheidende Zusätze auf der Website

Die in Fällen der Gleichnamigkeit vorzunehmende Abwägung der Interessen der Beteiligten kann aber auch gebieten, dass dem prioritätsjüngeren Namensträger statt des Verbots des Domainnamens ohne unterscheidende Zusätze lediglich auferlegt wird, dass er auf der ersten Internetseite seiner Unternehmenspräsentation deutlich macht, dass es sich bei ihm nicht um das Angebot des prioritätsälteren gleichnamigen Namensträgers handelt und – wenn der andere Namensträger an einem solchen Hinweis interessiert ist – zusätzlich angibt, wo dieses Angebot im Internet zu finden ist, vgl. BGH, Urteil vom 11.4.2002 – I ZR 317/99 – vossius.de. Dies bedeutet aber nicht, dass sich der prioritätsältere Namensträger in Gleichnamigkeitsfällen stets mit einem Anspruch auf die Verwendung von unterscheidenden Hinweisen auf der Website begnügen muss. Insbesondere bei Branchengleichheit und großer Bekanntheit des prioritätsälteren Kennzeichens kann die Interessenabwägung auch dazu führen, dass dem prioritätsjüngeren Namensträger die Verwendung seines Namens als Domainname ohne unterscheidende Zusätze im geschäftlichen Verkehr gänzlich zu verbieten ist.

In diesem Sinne hat das OLG Hamburg im Streit der Philipp Holzmann AG und dem Inhaber einer Einzelfirma mit dem bürgerlichen Namen „Holzmann“ um den Domainnamen „holzmann-bauberatung.de“ nicht nur die Verwendung unterscheidender Hinweise auf der Homepage anordnete, sondern die Verwendung des Domainnamens als solchen für unzulässig hielt, vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 25.09.2003, Az. 5 U 178/02 – holzmann-bauberatung.de.

Anspruch auf Löschung des Domainnamens

Ein Anspruch auf Löschung des Domainnamens steht dem prioritätsälteren Namensgleichen grundsätzlich nicht zu, da dem Träger eines bürgerlichen Namens im Regelfall ein berechtigtes Interesse an der Verwendung des entsprechenden Domainnamens für private Zwecke zusteht, d.h. der Domainname im privaten Verkehr benutzt werden kann, ohne dass es klarstellender Zusätze bedarf.

Verwendung des eigenen Namens als E-Mail-Adresse

Geringere Rücksichtnahmeanforderungen als bei der Nutzung eines Domainnamens zur Kennzeichnung einer Website bestehen nach Auffassung des BGH bei der Verwendung des eigenen Namens als Bestandteil von E-Mail-Adressen. Hier steht dem prioritätsälteren Kennzeicheninhaber nur dann ein Anspruch auf unterscheidungskräftige Zusätze oder aufklärende Hinweise zu, wenn durch die Verwendung der E-Mail-Adresse eine selbständige Verwechslungsgefahr begründet wird, vgl. BGH, Urteil vom 11.4.2002 – I ZR 317/99 – vossius.de.

Übereinstimmung mit dem Vornamen des Domaininhabers

Keine Anwendung finden die Gleichnamigkeitsgrundsätze dagegen auf Domainnamen, die aus dem Vornamen einer natürlichen Person gebildet sind. Wenn also etwa durch die Benutzung des Domainnamens „derrick.de“ eine Verwechslungsgefahr mit einem gleichlautenden Werktitel oder anderen Kennzeichenrechten begründet wird, kommt eine Lösung nach Gleichnamigkeitsgrundsätzen nicht in Betracht, sondern kann der Kennzeicheninhaber ungeachtet der Übereinstimmung des Domainnamens mit dem Vornamen des Domaininhabers Unterlassungsansprüche aus § 15 Abs. 2 MarkenG durchsetzen, vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 21.09.2000, Az. 3 U 89/00 – derrick.de.

Gleichnamigkeit bei bekannten Marken oder Unternehmenskennzeichen

Noch nicht abschließend geklärt ist, welche Grundsätze der Interessenabwägung in Gleichnamigkeitsfällen gelten sollen, wenn durch die Benutzung eines Domainnamens zwar keine Verwechslungsgefahr nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 MarkenG, jedoch ein Verstoß gegen die Eingriffstatbestände der § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG begründet wird. Keine Schwierigkeit bereitet die Abwägung, wenn sich der Inhaber eines “überragend bekannten Kennzeichens” und ein gleichnamiger Inhaber eines identischen Domainnamens gegenüberstehen. Da der der Verkehr den Domainnamen der überragend bekannten Marke oder dem Unternehmenskennzeichen zuordnet, wird die Kennzeichnungskraft des bekannten Kennzeichens bereits dadurch beeinträchtigt, dass ein gleichnamiger Dritter denselben Domainnamen für sein Angebot verwendet. Die erforderliche Beeinträchtigung des Werbewertes des bekannten Zeichens liegt in diesem Fall schon darin, dass dieser durch die Registrierung des Domainnamens an einer entsprechenden Verwendung seines Zeichens als Internet-Adresse gehindert und das an seinem Internet-Auftritt interessierte Publikum auf eine falsche Fährte gelockt wird.  Das Interesse des nicht bekannten Namensträgers gegenüber dem Interesse des überragend bekannten Kennzeicheninhaber an der uneingeschränkten Verwendung seines Namens als Domainname tritt in diesem Fall klar zurück, so dass diesem zuzumuten ist, seiner Internet-Adresse bei der geschäftlichen Nutzung einen individualisierenden Zusatz beizufügen.  Da in diesem Falle auch die private Nutzung des Domainnamens durch den Namensgleichen unzulässig ist, kann der Inhaber des überragend bekanntes Unternehmenskennzeichens neben dem Anspruch auf Unterlassung unter dem Gesichtspunkt der Störungsbeseitigung auch die Löschung des Domainnamens verlangen, vgl.  BGH, Urteil vom 22.11.2001, I ZR 138/99 – shell.de. Höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt ist, welche Interessenabwägung gelten soll, wenn die Schwelle zur „überragend bekannten Marke“ nicht erreicht ist. Nach den allgemeinen in Gleichnamigkeitsfällen im Bereich der §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG geltenden Grundsätzen ist die Gefahr, dass ein bekanntes Zeichen durch ein prioritätsjüngeres Zeichen verwässert, im Ruf ausgebeutet oder geschädigt oder dessen Aufmerksamkeit ausgebeutet wird, im Regelfall vom prioritätsjüngeren Namensträger durch ergänzende Zusätze auszuräumen.  Diese Pflicht ist grundsätzlich auch demjenigen aufzuerlegen, der seinen bürgerlichen Namen als Domainnamen verwendet. Allerdings folgt daraus nicht in jedem Fall das Verbot, den Namen als Internet-Adresse zu verwenden.  Vielmehr wird es die Interessenabwägung auch bei bekannten Marken oder Unternehmenskennzeichen im Regelfall gebieten, mildere Mittel als ein Verbot des Domainnamens in Erwägung zu ziehen, d.h. die Ansprüche des Inhabers des bekannten Kennzeichens darauf zu begrenzen, dass dem Domaininhaber auferlegt wird, auf der Homepage klarzustellen, dass es sich nicht um Angebote des betreffenden Kennzeicheninhabers handelt.

Rechtsprechung zur Gleichnamigkeit bei Domainnamenskonflikten

  • OLG Hamburg, Urteil vom 21.09.2000, Az. 3 U 89/00 – derrick.de
image_print